Gerold Otten: Ukrainekonflikt offenbart innere Zerrissenheit der Ampelkoalition

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Seit mehr als 60 Tagen sehen wir nun schon die Kriegsbilder aus der Ukraine, ohne dass ein Ende der Kampfhandlungen abzusehen ist. Gleichzeitig sehen wir mit Staunen, wie Schriftsteller, Schauspieler und linksgrüne Politiker in Talkshows salopp in die Rolle von Militärexperten schlüpfen und sich mit Kriegsrhetorik gegenseitig überbieten.

Wurden in Deutschland jahrelang Bundeswehrsoldaten als „potentielle Mörder“ diffamiert und jeder Gedanke an die eigene Wehrwilligkeit und Verteidigungsfähigkeit der Gesellschaft im Keim erstickt, wird nun der Nationalstolz der angeblich so heldenhaft kämpfenden Ukrainer von den gleichen Leuten euphorisch gefeiert. Befeuert von unseren „Qualitätsmedien“ wird der Ruf nach Lieferung von „schweren Waffen“ an die Ukraine immer lauter, ohne exakte Definition, was darunter überhaupt zu verstehen ist.

In der Diskussion um die Lieferung „schwerer Waffen“ zeigt sich aber auch die innere Zerrissenheit der Koalition. Kanzler Scholz will sich die Finger durch eine direkte Lieferung an die Ukraine nicht schmutzig machen. Und obwohl bisher auch andere NATO-Staaten noch nicht geliefert haben oder nur Absichtserklärungen verkünden zerfleischt sich Deutschland innenpolitisch und lässt sich trotz seiner bisher schon geleisteten immensen Zahlungen vom Botschafter der Ukraine beleidigen lassen.

Sogar der Unterhachinger Grünen-Bundestagsabgeordnete Anton Hofreiter, der erst nach Kiew reisen musste, um zu realisieren, was Krieg bedeutet, bekräftigt seine Forderung nach Lieferung schwerer Waffen vehement und sorgt dadurch nicht nur in der Ampelkoalition, sondern auch bei seinen Parteifreunden im Landkreis München für Unruhe. Ins gleiche Horn bläst die FDP-Politikerin und Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die keine Talkshow auslässt um sich zu präsentieren und sich gegenüber ihrer mit dem Amt der Verteidigungsministerin hoffnungslos überforderten SPD-Koalitionspartnerin Christine Lambrecht zu profilieren.

Auch in der SPD zeigt sich ein Bild tiefer Spaltung. Während den Befürwortern um den ebenfalls in die Ukraine gereisten SPD-Außenpolitiker Michael Roth die bisherigen Waffenlieferungen nicht weit genug gehen, versucht der ehemalige SPD-Außenminister Sigmar Gabriel seinem auf rutschigem politischen Parkett wegen seiner Nähe zu Russland ins Abseits geratenen Parteifreund, Ex-Außenminister und Bundespräsident Frank Walter Steinmeier, zur Seite zu springen und zu erklären, warum die diplomatischen Gepflogenheiten auch mal das Händeschütteln mit Putin erforderlich machen. Bei all dem parteipolitischen Gezerre gießt auch CDU-Fraktionschef Friedrich Merz durch die Ankündigung eines eigenen Antrages zur Waffenlieferung an die Ukraine und das von ihm prognostizierte Abstimmungsverhalten der CDU/CSU-Abgeordneten im Bundestag weiteres Öl ins Feuer.

Um Druck aus dem Kessel zu nehmen und weil die Panzer der Bundeswehr durch das jahrelange Kaputtsparen ohnehin kaum zur Hälfte einsatzfähig sind und die einsatzfähigen Kampf-und Schützenpanzer, so Vizegeneralinspekteur Markus Laubenthal, zur Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft für Deutschland und zur Erfüllung der Bündnisverpflichtungen benötigt werden, plant die Bundesregierung nun einen „Ringtausch“ über den NATO-Partner Slowenien. Slowenien soll dabei den noch in der Sowjetunion entwickelten T-72 Kampfpanzer an die Ukraine liefern. Im Gegenzug wird die slowenische Armee dafür aus Deutschland den Schützenpanzer Marder und den Radpanzer Fuchs erhalten. Außerdem stellt die Verteidigungsministerin in Aussicht, dass Deutschland ukrainische Soldaten an der Panzerhaubitze 2000 ausbildet.

Als AfD-Abgeordneter im Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages und ehemaliger Offizier bin ich grundsätzlich gegen die Lieferung von Rüstungsgütern in Spannungs- und Kriegsgebiete, weil dadurch bestehende Konflikte weiter angeheizt werden. Weiterhin könnte der Export von schwerem Kriegsgerät als Kriegseintritt Deutschlands gewertet werden. Das gilt es auf jeden Fall zu verhindern.

Ich bin deshalb gespannt, ob Bundeskanzler Scholz, der von Frau Strack-Zimmermann ausgesprochenen „Einladung“, in die nächste Sitzung des Verteidigungsausschusses zu kommen und sich dort zu erklären, Folge leistet. Auf jeden Fall werde ich die Gelegenheit nutzen, um mich im deutschen Interesse dafür einzusetzen, dass nicht militärische Lösungen und Kriegsrufe nach einem Sieg in der Ukraine den Antrieb politischen Handels bestimmen, sondern dass möglichst schnell die Voraussetzungen für einen Waffenstillstand geschaffen werden als Grundlage für Verhandlungen und damit für Frieden in Europa.

MdB Gerold Otten

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