Der Alltag mit kleinen Kindern ist nicht immer auf die Minute planbar. Obwohl diese Tatsache vermutlich nicht nur den betroffenen Eltern bekannt ist, will die Staatsregierung davon anscheinend keine Kenntnis haben. Anders ist es nicht zu erklären, weshalb sich Kitas jetzt immer öfter gegen den Vorwurf des Subventionsbetrugs wehren müssen. Der Grund: Wenige Minuten Abweichung der tatsächlichen und gemeldeten Bring- und Abholzeiten.

„In unserer Gesellschaft werden flexible Arbeits- und Kinderbetreuungszeiten zunehmend wichtiger“, weiß der AfD-Landtagsabgeordnete Franz Bergmüller, „insbesondere für berufstätige Mütter ist dies für eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf unabdinglich.“ Der Politiker ist selbst Vater und weiß wovon er spricht. „Der Alltag mit kleinen Kindern lässt sich nicht auf die Minute genau planen. Dass dafür auch die meisten Arbeitgeber Verständnis haben, zeigt sich unter anderem daran, dass Gleitzeit- oder Homeoffice-Modelle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern immer häufiger angeboten werden“, so Bergmüller. Die Bayerische Staatsregierung hingegen hält nicht viel von Kulanz bei der Pünktlichkeit von Eltern. Wenn die Kinder morgens auch nur wenige Minuten später als angemeldet in die Kita, bzw. den Kindergarten gebracht werden, bedeutet dies für die Einrichtungen einen enormen Bürokratieaufwand – oder den Vorwurf des Subventionsbetrugs.

Die Fördergelder des Staates und der Kommunen werden seit 2005 nichtmehr pro Erzieherin oder pro Kind, bzw. Gruppe abgerechnet, sondern nach der tatsächlichen Stundenanzahl, die jedes Kind betreut wird. Auf eine Viertelstunde genau muss jetzt die tatsächliche Anwesenheit der Kleinen erfasst und verarbeitet werden. „Dieses Abrechnungssystem ist eine enorme bürokratische und zusätzliche Belastung für die Erzieherinnen“, so Bergmüller, „minutengenaues Abholen und Bringen ist weder mit dem Familien-, noch dem Berufsleben vereinbar.“ Das Kind an einem freien Nachmittag mit nach Hause zu nehmen, spontan eine halbe Stunde später aufzustehen oder etwas länger gemeinsam frühstücken, wenn es der Beruf erlaubt – all das erschwert den Erziehern durch das veraltete und starre Förderprinzip der Regierung den Alltag enorm.

Die bayerische Sozial- und Familienministerin Kerstin Schreyer hält an dieser Vorgehensweise jedoch fest. Immerhin handle es sich um Steuergelder – und außerdem könnte ein pädagogisches Konzept sich nicht danach richten, wann Mama oder Papa spontan Zeit hätten, ihr Kind zu bringen oder zu holen. „Eine solche Aussage kann ich leider nicht für voll nehmen“, kommentiert Franz Bergmüller diese Erklärung der Ministerin, „wegen 15 Minuten wird weder die pädagogische Erziehung versagen, noch wird diese Zeit ein großes Loch in die bayerische Staatskasse reißen. Im Rahmen der Haushaltsdebatte rechtfertigte die Regierung weitaus sinnfreiere und höhere Ausgaben. Diese Lappalie ist daher wirklich nicht der Rede wert.“ Der AfD-Politiker will sich jetzt dafür einsetzen, Kitas und Kindergärten in dieser Sache deutlich zu entlasten. „Erzieherinnen und Erzieher leisten jeden Tag aufs Neue eine bewundernswerte Arbeit. Sie zusätzlich mit derartigen Schikanen zu belasten, ist nicht tragbar.“

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