Ein Beitrag von Franz Bergmüller, Rosenheimer Landtagsabgeordneter im Bayerischen Landtags:

Eines vorweg: Es gibt viele gute Gründe gegen neue Windkraftanlagen in Bayern. Zunächst einmal ist der Freistaat ein sehr windschwaches Bundesland. Eine Anlage in Norddeutschland erzeugt (bei gleichen Investitionskosten!) bis zu drei Mal mehr Strom als eine bayerische. Der Ausbau der Windenergie in Bayern stellt also aus volkswirtschaftlicher Sicht eine enorme Verschwendung von hochwertigen Ressourcen dar. Neben diesen technischen und finanziellen Nachteilen kommt jedoch erschwerend hinzu, dass die Bayern nur ungerne Windräder vor der eigenen Haustür haben. Dieser Umstand wurde bisher von der Staatsregierung zumindest ansatzweise berücksichtigt, aber nun hat sich der Wind gedreht. Die Staatsregierung hat Ende Juni die Abschaffung der sogenannten Kommunalklausel, mit der sich Kommunen (und damit die Bürger) gegen Windkraftprojekte im Staatsforst wehren konnten, beschlossen. Mit der Streichung der Klausel wolle man die Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen – und zwar zum Preis der demokratischen Einbindung der Kommunen. Diese überraschende Kehrtwende steht im krassen Widerspruch zu den politischen Versprechen der vergangenen Jahre:

„Vereinfachen von Genehmigungen heißt nicht, keine Bürgerbeteiligung mehr.“ – so versprach Markus Söder noch im August 2021 anlässlich des Stromgipfels in der Staatskanzlei. Im April 2022 betonte er auf Twitter erneut, wie wichtig ihm die Bürgerbeteiligung bei neuen Windkraftprojekten sei. Aus heutiger Sicht sind Söders Aussagen nichts anderes als sein Geschwätz von gestern; die Versprechen des Ministerpräsidenten haben erfahrungsgemäß nur eine kurze Halbwertszeit. Söder regiert aber nicht alleine, sondern ist für seine politischen Vorstöße auf die Freien Wähler angewiesen. Sein Stellvertreter, Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, warnte Söder noch im April 2024 vor einer Einschränkung der Bürgerbeteiligung in Bayern. Seine Partei drohte gar mit der Blockade von Söders Plänen für eine Reform der Regeln zu Bürgerentscheiden. Und heute? Kürzlich bejubelte Aiwanger als Aufsichtsratsvorsitzender der Bayerischen Staatsforsten sogar die Aufhebung der Kommunalklausel – und damit die Aushöhlung der kommunalen Selbstverwaltung. Der Wirtschaftsminister hat sich dabei mit diesem erneuten Umfaller nicht nur dem Ministerpräsidenten untergeordnet, sondern auch den jüngsten Angriffen der Bundesregierung auf den Föderalismus und die kommunale Selbstverwaltung gefügt. Die Ampel hatte die Befugnisse der Länder bei der Ausweisung von Windenergiestandorten mit dem sogenannten Wind-an-Land-Gesetz massiv beschnitten und damit die Axt an die föderale Struktur der Bundesrepublik gelegt. Anstatt sich gegen diese schleichende Aushöhlung der verfassungsgemäßen Staatsordnung zu wehren, gab Aiwanger klein bei und beruft sich sogar nun bei der Abschaffung der Kommunalklausel auf eben dieses unsägliche Bundesrecht. Er sagte wörtlich:

„Die Kommunalklausel hatte zu erheblichen Verzögerungen und Unsicherheiten bei Windprojekten im Staatswald geführt. Dadurch wurden die bundesrechtlich vorgegebenen und landespolitisch übernommenen Ziele des Wind-an-Land-Gesetzes konterkariert.“

Von einem stellvertretenden Ministerpräsidenten, der sich gerne als volksnaher Polit-Rebell inszeniert, hätte man wohl eine bessere Ausrede als das bloße Verweisen auf Bundesrecht erwartet. Andererseits überrascht das politische Einknicken des Ministers nicht wirklich. Es ist schließlich nicht das erste Mal, dass Aiwanger innerhalb kürzester Zeit in Richtung der Obrigkeit umkippt: Erinnern wir uns an seinen Kampf gegen die Impfpflicht während des Bundestagswahlkampfs 2021. Aiwanger versprach sich damals wohl ein gutes Wahlergebnis, wenn er den Coronakritiker spiele. Am Ende gab er dann doch klein bei und stellte seinen Widerstand gegen die Maßnahmen ein. Seit dieser Zeit war offensichtlich, dass man am Ende nicht auf sein Wort zählen kann. Zumindest in dieser Hinsicht sind Aiwanger und Söder also doch ein eingespieltes Team.

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