Ein Beitrag von Franz Bergmüller, Metzgermeister, Immobilienunternehmer und bayerischer Landtagsabgeordneter aus Rosenheim:

Das Bundesinnenministerium hat angekündigt, noch in diesem Oktober erstmals offizielle Gespräche mit den Taliban zu führen. In den geplanten Verhandlungen soll die Abschiebung von in Deutschland verurteilten Straftätern nach Afghanistan erörtert werden. Es ist das erste Mal seit der Machtübernahme der Taliban im Jahr 2021, dass die Bundesregierung offiziell in Kontakt mit dem islamistischen Regime tritt. Zuvor führte man lediglich sogenannte technische Gespräche in einem Verbindungsbüro in Katar, weil man einen offiziellen Austausch mit den Taliban scheute. Aus politischer Sicht ist es jedoch mehr als verantwortungslos, die diplomatischen Beziehungen erst nach über vier Jahren aufzubauen. Immerhin leben in Deutschland mittlerweile rund eine halbe Million Afghanen – und bedauerlicherweise begehen diese überproportional viele Straftaten. Sowohl die letzte als auch die aktuelle Bundesregierung müssen sich also den Vorwurf gefallen lassen, wichtige Verhandlungen jahrelang verschleppt zu haben. Man wollte partout nicht mit der faktischen Regierung sprechen und hat dafür in Kauf genommen, dass kriminelle Afghanen in Deutschland ihr Unwesen treiben können. Diese Prioritätensetzung spricht Bände, verwundert jedoch ehrlich gesagt kaum noch jemanden. Noch in diesem Jahr wurden auf Staatskosten über 1000 Afghanen eingeflogen, obwohl in ihrer Heimat längst Frieden herrscht und auch eine systematische Verfolgung von Ortskräften nie nachweisbar war. Ja, die Menschenrechtslage und Armut am Hindukusch sind besorgniserregend – aber dieser Argumentation folgend müssten wir die halbe Welt aufnehmen. Die Aufnahmezusagen an afghanische Ortskräfte wurden jedoch damit begründet, dass diese von den Taliban gefoltert oder ermordet werden könnten. Nachdem dies nachweislich nicht der Fall war, müssen auch die Zusagen selbst nicht mehr eingehalten werden.

Das deutsche Afghanistan-Dilemma seit 2021 war genau genommen nie eines, denn die Situation im Land klärte sich nach der Machtübernahme der Taliban erheblich schneller als erwartet. Der von Regierung und Medien herbeigeredete Rachefeldzug der Islamisten hat nie stattgefunden. Sogar der ehemalige afghanische Präsident Hamid Karzai, der zusammen mit der NATO den Kampf gegen die Taliban anführte, lebt heute unbehelligt in Kabul. Die Sicherheitslage vor Ort ist heute besser als in den letzten 40 Jahren. Deutschland muss sich also in der Afghanistanfrage endlich ehrlich machen. Wenn wir die Lage der Afghanen verbessern wollen, dann müssen wir wirtschaftliche und politische Beziehungen aufbauen – aber sicher nicht junge Afghanen nach Deutschland ausfliegen. Das kriegsgebeutelte Land braucht jetzt eine Perspektive, und die besteht sicherlich nicht in massenhafter Auswanderung von Afghanen in den Westen. Viel entscheidender ist jedoch, dass die Zuwanderung aus Afghanistan auch unseren eigenen Interessen zuwiderläuft. Bildung von Parallelgesellschaften, verhältnismäßig hohe Beteiligung an Straftaten und gleichzeitig geringe Integration in den Arbeitsmarkt zeigen deutlich, dass wir als Staat von der ungesteuerten Zuwanderung nicht profitieren. Eine wirtschaftliche Zusammenarbeit mit dem rohstoffreichen Afghanistan könnte hingegen beiden Ländern nützen und auch die humanitäre Lage vor Ort verbessern. Wachsender Wohlstand wäre auch die beste Waffe gegen religiösen Extremismus – die ideologische Außenpolitik der Bundesregierung muss also endgültig entsorgt werden. Es ist Zeit für einen neuen, interessengeleiteten Pragmatismus.

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