In Sachen Rente steuert Deutschland auf ein Fiasko zu. 2022 wurde die Rente so stark erhöht wie noch nie – doch die Auswirkungen auf die Zukunft wurden dabei vernachlässigt!

Bernd Raffelhüschen ist Renten-Ökonom. Während die Bundesregierung sich für die starke Rentenerhöhung im vergangenen Jahr selbst auf die Schulter klopfte, deckte der Experte ein Billionen-Euro-Finanzloch in der gesetzlichen Rentenversicherung auf. Das Problem: Wenn die Rente weiterhin auf diesem Niveau gehalten werden soll, müssten auch entsprechend viele neue Einzahler nachkommen. Fakt ist jedoch, dass die künftigen Rentner nicht die Kinder bekommen, die es dafür bräuchte. Darum das Fazit von Raffelhüschen: Soll das Rentenniveau bei gleichen Beiträgen stabil gehalten werden, fehlen der Rentenversicherung fast drei Billionen Euro an Rückstellungen!

Als wirtschaftspolitischer Sprecher der AfD-Fraktion im Bayerischen Landtag fordere ich, dass die Bundesregierung einen Renten-Kapitalfonds einführt, der vom Staat aufgelegt und treuhänderische verwaltet wird. Dabei soll man sich an dem Vorschlag orientieren, den der ifo-Präsident Prof. Clemens Fuest gemacht hat. Fuest führt an, dass die hervorragende Bonität der Bundesrepublik Deutschland als Schuldner es ermögliche, Kredite günstig aufzunehmen und bei einer Reinvestition eine erhebliche Renditedifferenz zu erzielen. Simulationen zeigen: Legt der Staat ab heute 0,5% des BIP pro Jahr für alle Erwerbsfähigen an, finanziert durch langsameren Staatsschuldenabbau, ergäbe sich nach 50 Jahren bei einer durchschnittlichen Renditedifferenz von 2 Prozentpunkten ein Ertrag von gut 16.000 Euro pro Kopf, der mit dem Erreichen von 67 Jahren ausgezahlt werden könnte. Bei einer Zinsdifferenz von 3 Prozentpunkten kämen bereits rund 30.000 Euro zusammen. Die Probleme der kapitalgedeckten Altersvorsorge bei niedrigen Zinsen spielen in der aktuellen politischen Debatte in Deutschland eine zentrale Rolle. Vor diesem Hintergrund analysierte Prof. Fuest das Modell eines durch Verschuldung des Bundes aufgebauten Fonds, dessen Vermögen international in Aktien, Immobilien und Anleihen angelegt wird. Die Überschüsse werden dazu verwendet, jüngeren Jahrgängen beim Erreichen der künftigen Regelaltersgrenze für den Renteneintritt von 67 Jahren eine Kapitalleistung analog zu einer Lebensversicherung zu zahlen. Es gibt weltweit zahlreiche Beispiele für erfolgreiche Staatsfonds. Norwegens Staatsfonds ist derzeit, wie auch in den Vorjahren, nach Anlagevolumen Stand Januar 2021 der größte seiner Art weltweit. Der Norway Government and Pension Fund Global bringt es derzeit auf einen Vermögenswert von inzwischen fast 1,3 Billionen US-Dollar und ist somit so hoch wie kein anderer staatlicher Fonds.

SPD, Grüne und FDP haben zwar im Koalitionsvertrag vereinbart, der Rentenversicherung zehn Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen, um einen Kapitalstock aufzubauen. Ziel sei dabei, die Renditechancen des globalen Kapitalmarkts zu nutzen, um die Finanzierung der Altersvorsorge besser auf die Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten. Auf die Absichtserklärungen der Ampelregierung ist aber kein Verlass, das hat sich im ersten Regierungsjahr bereits mehrfach erwiesen. Finanzexperten stimmen außerdem überein, dass eine Anlagesumme von zehn Milliarden Euro viel zu gering ist, um die Rentenversicherung zu entlasten und somit auch nicht zielführend ist. Der Plan von FDP-Finanzminister Christian Lindner, eine dreistellige Milliardensumme am Kapitalmarkt anzulegen (Generationenkapital), wird von den Grünen strikt abgelehnt. Sie setzen auf die Bürgerversicherung, eine höhere Beitragsbemessungsgrenze oder einen arbeitgeberfinanzierten Mindestrentenbeitrag. Größer könnten die unterschiedlichen Meinungen in einer Regierungskoalition also nicht sein. Fraglich bleibt, ob die Ampel es in dieser Legislaturperiode überhaupt noch schafft, sich in Sachen Rentenfinanzierung auf einen gemeinsamen Nenner zu einigen.

Franz Bergmüller, MdL

Kategorien: Verschiedenes