Führt der durchschnittliche Gastronom eine „kreative Buchhaltung“? So stellt es jetzt jedenfalls ein Hamburger Lokalbetreiber im Interview mit der „WirtschaftsWoche“ dar. Für den bayerischen Landtagsabgeordneten Franz Bergmüller ist dieser unbegründete Generalverdacht untragbar.

„Die ‚WirtschaftsWoche‘ schätze ich als ein normalerweise seriöses Wirtschaftsmagazin sehr“, sagt Franz Bergmüller. Weshalb die Redaktion das Interview mit dem Hamburger Lokalbetreiber Bendix Sander-Knauer abdruckte, ist dem Abgeordneten daher ein Rätsel. „Herr Sander-Knauer stellt sich dabei öffentlich als weißes Schaf in einer sonst schwarzen Herde dar“, so Bergmüller. Tatsächlich behauptet der Quereinsteiger, dass sich ein Großteil der deutschen Gastronomen mit Steuerbetrug über Wasser halten würden, während er als einer der einzigen in dieser Branche „steuerehrlich“ wirtschafte. „Sander-Knauer bringt die Gastronomie damit ohne jegliche fachliche Grundlage pauschal in Misskredit“, so der Politiker, selbst Betreiber eines Landgasthofs in Bayern, „derartige haltlose Anschuldigungen sind untragbar!“

Tatsächlich sind die von Sander-Knauer als Beweise genannten Punkte schlichtweg falsch. Der Gastronom spricht davon, dass ihm als „ehrlicher Betreiber“ nach Abzug aller Kosten vor Steuer 10 Prozent des Umsatzes bleiben. Bei normalen Betrieben wären es 30-40 Prozent. Dass diese Behauptung unwahr ist, zeigt der DWIF-Betriebsvergleich für das Gastgewerbe in Bayern aus dem Jahr 2016. Die durchschnittlichen Umsatzrenditen liegen in Wahrheit bei 5,1 bis maximal 19,3 Prozent. „Dazu kommt, dass die Gastronomiebranche sehr heterogen aufgebaut ist“, weiß Bergmüller, „aufgrund der verschiedenen Betriebsgrößen und -arten kann die Frage, wieviel Gewinn bei einem ‚normaler Betrieb‘ übrigbleibt, nicht pauschal beantwortet werden.“

Für den Abgeordneten sind derartige Diffamierungen einer ganzen Branche nicht tragbar. „Wenn ein Gastronom mit dem Gewinn seines Lokals nicht zufrieden ist, hilft es meist, das eigene Geschäftsmodell zu überarbeiten“, so der Politiker, „die Schuld in ‚unehrlicher‘ Konkurrenz zu suchen, bringt da leider keinen Vorteil. Bendix Sander-Knauer kann sich glücklich schätzen, sein Haupteinkommen in der Immobilienbranche zu verdienen und das Privileg zu genießen, zusätzlich ein Lokal in einem angesagten Hamburger Viertel zu führen. Gerade in Bayern gibt es viele Kleinbetriebe, die einen ‚sozialen Treffpunkt‘ darstellen und nur rund 100.000 Euro Umsatz im Jahr verbuchen können. Wieviel Gewinn dabei am Ende rauskommt und welchen Stundenlohn, bzw. welches Einkommen dies für die Betreiber bedeutet, kann sich Herr Sander-Knauer wohl selbst ausrechnen.“

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