Washington, Dezember 2023, Besuch beim Parlamentarischen Sicherheits- und Nachrichtenforum. Auf der Tagesordnung: Cybersicherheit, transnationale Bedrohungen, Geldwäsche und illegale Finanztransaktionen, Quantentechnologie, Kryptowährungen, Schutz von Handelsketten. Zu jedem Thema drei bis fünf Kurzvorträge von 10 Minuten von Sicherheitsberatern, Topmanagern, Analysten oder Direktoren der amerikanischen Sicherheitsdienste.

Während man in Deutschland diskutiert, ob der Ausdruck ‘Klempner der Macht’ zulässig, das Bürgergeld zu erhöhen ist oder ob es genderneutral Tonkel und Onke heißen muss, spricht man in Washington über jene Realitäten, von denen Vizekanzler Habeck sich umstellt sieht: Über Energiesicherheit, Pandemieschutz, erpresserische Auslandsinvestments, Datenschutz und Abhängigkeiten in einer globalen Welt. Dabei muss man beileibe nicht alles unterschreiben, was die Amerikaner tun und lassen: Aber nach der alltäglichen deutschen Flucht in Wahnwelten wirkt das imperiale Washington wie das Epizentrum der Realpolitik. Hier geht es um Macht, und man bekennt sich offen zu ihr. Denn nur die Macht, und kein Amerikaner versäumt diesen Hinweis, kann die Freiheit schützen.

Diese Freiheit ist bedroht, wenn kritische Infrastrukturen nicht mehr der eigenen Aufsicht unterliegen. Prominentestes Beispiel sind 5G-Datennetze. Wer sie in fremde Hände gibt, öffnet alle Daten, die über diese Netze laufen, deren Zugriff – ob Geschäftsgeheimnisse, Verhandlungsstrategien oder Gesundheitsdossiers. Zudem lässt sich bei derart komplexen Softwarelösungen in tausenden von Sendemasten kaum verhindern, dass die Hersteller ihre Datennetze über Schnittstellen abschalten können – wie in Argentinien bereits von chinesischen Herstellern vollzogen. Was das für die Wirtschaft eines Landes, noch mehr aber für den militärischen Schutz im Falle eines Angriffs bedeutet, muss man den meisten nicht erklären.

Aber eben nur den meisten. Deutschland, ohnehin seit der ‘Energiewende’, der Gaspolitik von Merkel-Steinmeier-Schröder, der Refugees-Welcome-Hysterie und der feministischen Außenpolitik Baerbocks nur noch Anlass für spöttisches Bedauern, hat die Gefährdung immer noch nicht begriffen – auch weil Telekom und Vodafone zu den engsten Freunden von Huawei und ZTE gehören. Doch wer als Kanzler den Hafen Hamburg in Teilen an China verkauft, hat ohnehin keinen Sinn für strategische Sicherheitspolitik.

Den haben jedoch die Amerikaner. Und sie haben als Weltmacht eine andere Sicht auf viele Dinge. So sei die Ukraine zwar wichtig, aber kein Verbündeter. Strategisch viel wichtiger für die USA seien Japan und Taiwan und – wegen der Grenz- und Drogenproblematik – auch Mittel- und Südamerika. Über allem aber steht der Schutz der Handelsrouten, besonders in der Straße von Hormuz und beim Suez- und Panamakanal. Diese haben klare Priorität, und wer sollte diesen Job auch sonst machen: Die Deutschen mit ihren nicht-einsatzfähigen Fregatten, nicht-einsatzfähigen U-Booten, nicht-einsatzfähigen Korvetten? Oder sollte man den Schutz der Tanker für das von Herrn Habeck gekaufte Gas aus Katar den Russen oder Chinesen anvertrauen?

Viel, sehr viel gäbe es noch zu berichten. Wer als deutscher Beobachter dabei war, kam zu dem Schluß: Deutschland kann auch gleich das Licht ausmachen. Während hierzulande PISA einmal mehr die Erfolge der grün-sozialdemokratischen Schulpolitik bestätigt, denken die Amerikaner darüber nach, wie man jetzt die 10-15jährigen Hochbegabten für die Forschung an Quantencomputern gewinnt. Solche Computer können Probleme in wenigen Sekunden berechnen, für die heutige Supercomputer mehrere zehntausend Jahre benötigen. Die Konsequenzen dieser Quantentechnologie, vor allem in Verbindung mit Künstlicher Intelligenz, sind kaum übersehbar. Sicher ist allein: Sie ist der Schlüssel zur Macht der Zukunft. Mütterrente, Gute-Kita-Gesetz und Debatten über Erinnerungswenden oder multipolare Weltordnungen sind es nicht.

Dr. Nicolaus Fest
Mitglied des Europäischen Parlaments

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