AfD fordert Gesamtübersicht aller Kosten und Bauzeiten und eine Gesamtprojektleitung für die 2. Stammstrecke: Bericht aus der 3. Sitzung des Unterausschusses zum Bau der 2. S-Bahn-Stammstrecke München:

Insgesamt sieben der am Großprojekt beteiligten Baufirmen wurden zur 3. Sitzung des Unterausschusses Zukunft 2. Stammstrecke eingeladen, keine davon wollte aber dieser Einladung Folge leisten. Vorsitzender Jürgen Baumgärtner (CSU) informiert über die Absage der für die aktuelle Sitzung angefragten Baufirmen und den weiteren Versuch, ein Gespräch mit ihnen über die Verbände zu organisieren. Möglicherweise nähmen sie auch an der Sitzung teil, zu der die Deutsche Bahn geladen sei. Diese sehr vage Aussage sorgte bei einigen Ausschussmitgliedern für Verwunderung und ließ unter der Hand Zweifel über die Effizienz des Ausschusses aufkommen.

Dr.-Ing. Wolfgang Rauscher von der Baubegleitung schloss an den Bericht der letzten Sitzung vom 14.02.2022 an und ging auf die aktuellen Aufgaben und Herausforderungen (Los West, Los Mitte, Los Ost sowie übergeordnete Aufgaben für das Gesamtprojekt) anhand seiner Präsentation ein.

Zum Los West meinte Dr. Rauscher, dass dies eine höchstkomplexe Großbaustelle mit mehreren Vorhabenträgern sei. Dort werde nicht nur die 2. Stammstrecke, sondern auch ein großes neues Empfangsgebäude der DB Netz AG sowie eine Vorhaltmaßnahme für eine neue U 9 durch München geplant. Drei Vorhabenträger seien also am Hauptbahnhof tätig: die DB Netz AG, die DB Station&Service AG und die Landeshauptstadt München. Die verschiedenen Schnittstellen müssten betreut werden. Derzeit werde eine Gesamtprojektbauleitung installiert, die “den Hut aufhaben” solle. Dies erfordere eine vertragliche Vereinbarung zwischen den Projektträgern, zwischen der DB Netz AG und der DB Station&Service AG seien die vertraglichen Vereinbarungen weitgehend abgeschlossen, Details aber nicht bekannt. Verhandlungen mit der Landeshauptstadt München liefen derzeit. Mit deren Abschluss sei in nächster Zeit zu rechnen.

Das Los Marienhof sei eine weniger komplexe Baustelle, die aber aufgrund ihrer innerstädtischen Lage technisch herausfordernd sei. Dort werde ein rechteckiger großer Schacht gebaut, der dazu diene, den in circa 40 Meter Tiefe liegenden Zug zu erreichen. Bei den Bahnsteigquerschnitten der S- und U-Bahnen müssten Böden teilweise entwässert werden. Besonders herausfordernd sei der Tunnelbau, der sogenannte Hebungsinjektionen zwischen den Bahnsteigtunneln und der darüber liegenden Bebauung erforderlich mache. Um angrenzende und nicht für derlei Tunnel ausgelegte Gebäude vor etwaigen Bauschäden zu schützen, müssten solche Hebungsinjektionen durchgeführt werden.

Im Gegensatz zu den Bauvorhaben am Hauptbahnhof und Marienhof seien die Aufträge beim Ostbahnhof (Los Ost) noch nicht vergeben. Der früher vorgesehene S-Bahnhof am Orleonsplatz werde Richtung Osten in die Friedensstraße verlegt. Diese Verlegung erfordere andere Tunnelführungen, das gelte nicht nur für die vom Marienhof kommenden, sondern auch für die in Richtung Leuchtenbergring weiterführenden Tunnel.

Zu den übergeordneten Aufgaben für das Gesamtprojekt werde der Projektterminplan der DB erstens hinsichtlich Struktur und Aufbau, zweitens hinsichtlich Vollständigkeit, Inhalt und Aktualität sowie drittens hinsichtlich Zeitansatz und Abhängigkeiten geprüft. In Kürze werde die Baubegleitung dem Auftraggeber über die Ergebnisse dieser Prüfung berichten. Daneben beschäftige sich die Baubegleitung mit der Schaffung einheitlicher Kostenstrukturen. Dabei seien zum einen die Anforderungen des Freistaats zu erfüllen, Basiskosten und Risikoentwicklungen abzubilden. Zum anderen müsse das Regelwerk der DB AG, das die Datengrundlage bilde, die Anforderungen des Freistaats erfüllen, was momentan noch nicht gegeben sei. Weiteres Ziel sei ein Datenmanagement und die Automatisierung des Berichtswesens. Ziel sei dabei ein regelmäßiger und nach festgelegten Standards erfolgender EDV-verarbeitender Informationsaustausch. Dieser Wechsel vom personenbezogenen Informationsaustausch hin zu einem automatisierten bedürfe detaillierter Abstimmungen. Auch müsse die Kostenzuordnung zu technischen, vertraglichen und terminlich nachvoll-ziehbaren Strukturen im Sinne des Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr gestaltet werden.

Franz Bergmüller, stellvertretender Vorsitzender und baupolitischer Sprecher der AfD-Fraktion im Bayerischen Landtag kritisiert heftig, dass nicht schon am Anfang des Großprojekts eine Gesamtprojektleitung installiert wurde und dies auch bis heute nicht geschehen ist. Dr. Rauscher antwortete, dass die Verzögerung der Einsetzung einer Gesamtprojektleitung vor allem auf die erst kürzlich von der Stadt München beschlossene Baumaßnahme hinsichtlich der U 9 zurückzuführen sei. Insofern sei eine Abstimmung der DB AG mit der Landeshauptstadt München in den letzten beiden Jahren obsolet gewesen. Auch die Zusammenarbeit zwischen der DB AG und der DB Station&Service AG sei erst mit den 2019 beschlossenen Änderungen virulent geworden. Weiter moniert MdL Bergmüller, dass aktuell noch keine validen Zahlen und Zeitpläne für die 2. Stammstrecke vorliegen. In der Sitzung skizziert er die Vorgehensweise bei kommunalen Planungs- und Bauvorhaben und forderte ein, dass diese Kriterien, die von jeder Kommune eingehalten werden, auch endlich bei diesem Großbauvorhaben umgesetzt werden. Weiter fragte er an, ob die Baubegleitung den jetzt festgesetzten Zeitplan bis 2037 als sicher einstufe oder ob vielmehr mit einer erneuten Evaluierung in wenigen Jahren zu rechnen sei. Dr. Rauscher antwortete, dass die derzeitigen Bauzeitenpläne auf aktuellen Daten und dem aktuellen Wissensstand der Deutschen Bahn basieren. Gleichwohl könne es immer zu Verzögerungen kommen. Etwaige Risikoabschätzungen und -prognosen würden im Risikokatalog benannt. Daneben würden etwaige Abhilfemaßnahmen für gewisse Risiken vorab überlegt. Das heißt, es bleibt völlig unklar, ob der jetzige Bauzeitenplan auch nur annähernd eingehalten werden kann.

Außerdem wollte MdL Bergmüller wissen, ob es sich bei den geschilderten Hebungsinjektionen um erprobte Techniken und Maßnahmen handle, ob es hierzu Alternativen gebe und ob die Technik besonders im Hinblick auf die alten Geschäftsgebäude praxistauglich sei. Dr. Rauscher antwortete, dass Hebungsinjektionen bereits seit mindestens 20 Jahren existieren, sie hätten sich bewährt und böten als einziges Verfahren die Möglichkeit, großflächig ungleichmäßige Setzungen auszugleichen. Solche Hebungsinjektionen seien beispielsweise auf der Neubaustrecke Köln-Frankfurt oder auch beim Tunnel Oberau angewendet worden. Zum Ende der Sitzung forderte MdL Bergmüller ein monatliches Jour fixe des Unterausschusses, bei dem alle aktuellen Zahlen vorlägen und die Baufirmen anwesend wären, und will wissen, ob ein solcher möglich sei. Dieses Ansinnen wird allerdings vom Ausschussvorsitzenden Baumgärtner negiert. Unbedingt erwähnt werden muss letztendlich noch, dass die Vertreter des Bauministeriums die Fragen, die in der Sitzung an sie gestellt wurden, nicht beantworten konnten und darauf verweisen mussten, dass die Antworten schriftlich nachgereicht werden.

Hier das aktuelle Statement von MdL Franz Bergmüller zum Unterausschuss Zukunft Stammstrecke

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