Ein Beitrag von Franz Bergmüller, Metzgermeister, Immobilienunternehmer und bayerischer Landtagsabgeordneter aus Rosenheim:
Verschiedene Medien hatten zuletzt über die Möglichkeit der Energiespeicherung mittels Schwerkraft berichtet. Das Prinzip ist bereits aus Pumpspeicherkraftwerken bekannt: Bei Stromüberschuss wird Wasser (oder ein anderes Medium) in die Höhe gepumpt, bei Strombedarf wird es von oben wieder nach unten geleitet und gibt seine Energie dabei an einen Generator ab. Forscher aus Österreich haben das Prinzip des Hubspeicherkraftwerks nun auf seine Anwendbarkeit in verlassenen Bergwerken hin überprüft. Die Idee ist simpel: Sand oder Gestein wird mit Förderanlagen in tiefergelegene Bergwerksschächte „eingespeichert“. Bei vorhandenem Stromüberschuss wird das Material nach oben transportiert und bei Strommangel zurück in das Bergwerk nach unten gefördert. Dabei treibt es durch seine Gewichtskraft einen Generator an. Diese sogenannte Schwerkraftspeicherung könnte theoretisch in tausenden verlassenen Minen angewendet werden, jedoch gibt es bislang kaum belastbare Einschätzungen zur Wirtschaftlichkeit sowie Umsetzbarkeit. Das technische Potenzial der Schwerkraftspeicherung wird für alle verfügbaren Minen der Welt mit 7 bis 70 Terrawattstunden Speicherkapazität eingeschätzt. Zum Vergleich: Das Fraunhofer-Institut rechnet für Deutschland mit einem Speicherbedarf von 0,2 Terrawattstunden im Jahr 2040. Theoretisch könnte die Schwerkraftspeicherung also einen bedeutenden Beitrag zur Energiespeicherung der Zukunft leisten und dabei zahlreiche Probleme lösen: Schwerkraftspeicher benötigen im Vergleich zu Batteriespeichern keine seltenen Erden und sind theoretisch sehr simpel aufgebaut. Im Vergleich zur Energiespeicherung über Wasserstoff verfügen sie über deutlich höhere Gesamtwirkungsgrade bei Ein- und Ausspeicherung. In einem stillgelegten finnischen Bergwerk mit 1,4 Kilometern Gesamttiefe wird derzeit ein erstes Pilotprojekt zur Schwerkraftspeicherung gebaut. Das sogenannte Gravistore kann laut Hersteller in weniger als einer Sekunde aus dem Stillstand bis zur vollen Leistung hochgefahren werden. Über die Geschwindigkeit, mit der das „eingespeicherte“ Gewicht abgesenkt wird, kann die Leistung geregelt werden: Schnelles Absenken erzeugt eine hohe Leistung. Fährt das Gewicht hingegen langsam in die Tiefe, wird weniger, aber dafür länger Strom erzeugt. Die hohe Geschwindigkeit bei der Leistungsregelung würde das Kraftwerk nicht nur als Speicher, sondern auch als Instrument zur Netzstabilisierung eignen. Zur Wahrheit gehört jedoch auch, dass Schwerkraftspeicher über eine relativ geringe Leistungsdichte verfügen. Man benötigt also, wie von Pumpspeicherkraftwerken bereits bekannt, viel Fläche und große bauliche Anlagen. Das Schweizer Unternehmen Energy Vault, das auf Schwerkraftspeicher spezialisiert ist, errichtet derzeit in China mehrere Anlagen mit jeweils 25 Megawatt Leistung bei 100 Megawattstunden Speicherkapazität. Die Baukosten lagen dabei mit 500 Euro je Kilowattstunde Speicherkapazität gleichauf mit Batteriespeichern. Auch in Deutschland gäbe es zahlreiche potenzielle Standorte für Schwerkraftspeicher, mögliche Investoren dürften jedoch aktuell durch das komplexe deutsche Bergrecht sowie langwierige Genehmigungsverfahren abgeschreckt werden. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an das letzte große Pumpspeicherprojekt „Riedl“ an der Donau, dessen Planungen bereits auf die 1970er Jahre zurückgehen und bei dem der Baubeginn nach fünfzig Jahren noch immer offen ist. Man muss sich hier ehrlich machen: Das träge Deutschland ist längst kein attraktiver Standort mehr für Forschung und Innovation. Ein Projekt mag noch so sinnvoll sein – es nützt uns nichts, wenn innovative Vorhaben in den Amtszimmern der Landratsämter, Planungsverbände oder Naturschutzbehörden in Grund und Boden reguliert werden. Am Ende geschieht dann nämlich – gar nichts. Und davon haben wir schon genug.