Bericht aus dem Unterausschuss Stammstrecke: Spitzenbeamte der Stadtverwaltung können für das wichtigste Bauprojekt der Landeshauptstadt nicht die einfachsten Fragen beantworten!

Auch die Stadt München will sich bei der 2. Stammstrecke, die aktuell das wichtigste Bauprojekt für den ÖPNV der Landeshauptstadt ist, vollumfänglich aus der Verantwortung stehlen. Ähnlich wie die Staatsregierung versucht man, die alleinige Schuld auf die Bahn abzuwälzen. Eigene Fehler werden kleingeredet oder sogar ganz geleugnet. Das kam bei der letzten Sitzung des Unterausschusses zur 2. Stammstrecke ganz klar heraus. Dies wurde unter anderem von MdL Franz Bergmüller, stellvertretender Vorsitzender und bau- und verkehrspolitischer Sprecher der AfD-Fraktion im Bayerischen Landtag, massiv angesprochen und kritisiert.

Bergmüller nahm auch ins Fadenkreuz, dass bei der geplanten U9, die ebenfalls mitursächlich für die ständig steigenden Mehrkosten und die Zeitverzögerung bei der 2. Stammstrecke ist, die Finanzierung noch völlig in den Sternen steht. Auch hier konnten die städtischen Experten nicht weiterhelfen, da sie lediglich ausführten, dass die U9 ein wichtiges Projekt sei, das man gerne bauen wolle. Wer die dafür veranschlagten vier Milliarden Euro jetzt genau bezahlen soll und kann, wussten sie leider nicht. Dazu MdL Bergmüller: „Es ist schon sehr befremdlich, dass der Wunsch der Stadt München nach einem Vorhaltebauwerk für die U9 am Hauptbahnhof weit über 560 Millionen Euro kostet und die dafür nötigen Umplanungen ebenfalls viel Zeit und 100 Millionen Euro in Anspruch genommen haben, es aber weiterhin noch immer nicht klar ist, ob die U9 überhaupt finanziert und gebaut werden kann. Was passiert mit dem Bahnhofsrohbau, wenn die U9 nicht kommt, wie wird das Bauwerk dann sinnvoll genutzt und wer übernimmt die Instandhaltungskosten, wenn es keiner zweckdienlichen Verwendung zugeführt werden kann?“

Das Ergebnis der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung für die U9 verheißt jedenfalls nichts Gutes. Solche Untersuchungen heißen Nutzen-Kosten-Untersuchung (NKU) und ergeben eine Nutzen-Kosten-Kennzahl. Laut Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) muss ein Nutzen-Kosten-Faktor von 1 erreicht werden, damit der Bund Geld bezahlt. Bei der U9 ist man von dieser Kennzahl aber weit entfernt. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hofft jetzt, dass die GVFG-Förderrichtlinien irgendwann so angepasst werden, dass die U9 doch eine Chance auf eine Förderung hätte. MdL Bergmüller kritisiert: „Es ist schon völlig verantwortungslos, wie hier von der Münchner Stadtregierung und dem Oberbürgermeister vorgegangen wird. Das Motto, dass das Bundesverkehrsministerium schon irgendwann die Förderrichtlinien ändern wird, damit man Geld für die U9 bekommen kann, kann mit reiner Blauäugigkeit nicht begründet werden, das geht schon sehr in Richtung Unfähigkeit.“

Die Münchner Stadtbaurätin Prof. Dr. Elisabeth Merk gab bei ihren Einlassungen ganz offen zu, dass die Zeitverzögerung bei der 2. Stammstrecke der Landeshauptstadt schwere Probleme macht. Sie sei zwar ein wichtiges Projekt für München, blockiere aktuell aber auch andere dringend notwendige Vorhaben. So werden unter anderem die großen Bebauungsprojekte Ostbahnhof, Orleonshöfe und Leuchtenbergring verzögert und verhindert. 500 bis 600 Wohnungen würden so auf Eis liegen. Die Baustelleneirichtung für die 2. Stammstrecke sei natürlich auch ein Problem für die ortsansässigen Händler aber selbstverständlich auch für die Wohnbevölkerung. Sie plädiere zwar weiterhin für maximale Bürgerbeteiligung, man brauche aber dringend beschleunigte Verfahren. Weiter führte sie aus, dass die Stadtverwaltung unbedingt mehr Personal benötige, um die zunehmenden Aufgaben bewältigen zu können.

MdL Bergmüller sieht bei der 2. Stammstrecke noch ein weiteres großes Problem. Sollte diese im Jahr 2037 in Betrieb gehen können, was weder Bahn noch Bund oder die Bayerische Staatsregierung auch nur annähernd garantieren können, steht für die Nutzer des Münchner ÖPNV schon der nächste Tiefschlag auf dem Programm. Wenn die 2. Stammstrecke befahrbar ist, ist die dringend notwendige Sanierung der 1. Stammstrecke vorgesehen. Der AfD-Bauexperte: „Die Verantwortlichen der Stadt haben jetzt ganz klar gemacht, dass bei den notwendigen Renovierungsarbeiten die 1. Stammstrecke für etwa ein Jahr voll gesperrt sein wird. Das Chaos wird sich also weiter fortsetzen und ob dann die Sanierungsarbeiten an der 1. Stammstrecke in einem Jahr vorbei sind, kann natürlich auch niemand versprechen.“ Ein großes Problem sei auch, dass durch den Moloch 2. Stammstrecke viele andere Projekte ausgesetzt oder erst gar nicht in Angriff genommen werden. Franz Bergmüller: „Der Nord- und der Südring, die ebenfalls dringend benötigt werden würden, werden aus Geldmangel, bedingt durch die Mehrkosten der 2. Stammstrecke, aktuell völlig aus den Augen verloren.“ Auch MdL Bergmüllers Nachfrage, wer jetzt bei der Stadt München für die Genehmigung von Nachtarbeiten für die 2. Stammstrecke zuständig sei, beziehungsweise diese verhindere, konnte nicht beantwortet werden. Die Bauexperten der Stadt wussten nicht einmal, welche Stelle genau für eine Nachtarbeitsgenehmigung verantwortlich ist und diese ausstellen könnte. Auch die Frage, wer denn jetzt von Seiten der Stadt in entsprechenden Aufsichtsgremien für das Großbauprojekt sitzt, konnten die Münchner Spitzenbeamten nicht beantworten.

MdL Bergmüller dazu abschließend: „Wer als Führungsperson in der Privatwirtschaft so verantwortungslos mit dem ihm anvertrauten Geld umgeht wie die Münchner Stadtführung, würde zweifelsohne sehr schnell seinen Job verlieren und eventuell auch noch juristisch belangt werden.“

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