Ein Kommentar von Franz Bergmüller, Metzgermeister, Immobilienunternehmer und bayerischer Landtagsabgeordneter aus Rosenheim:
Am 23. Juli 2024 fand in der Geschäftsstelle der IHK München der Wirtschaftstalk USA statt. Das große Thema des Abends waren die US-Wahlen im Allgemeinen und deren Auswirkung auf die deutsche Wirtschaft im Speziellen. Neben IHK-Geschäftsführer Gößl sprachen als Gastredner CDU-Urgestein Wolfgang Bosbach sowie Vertreter des bayerischen Wirtschaftsministeriums und der Wirtschaft selbst. Bereits in der Begrüßungsrede Gößls wurde deutlich, dass der Abend möglichst politisch korrekt ablaufen soll: In gefühlt jedem zweiten Satz konnte man eine Distanzierung von Donald Trump heraushören, auch wurde mehrfach betont, dass Kamala Harris durchaus noch Chancen auf einen Wahlsieg habe. Gößl meinte im Zusammenhang mit einer möglichen zweiten Amtszeit Trumps wörtlich: „So schnell zerstört niemand unser gutes Verhältnis!“ – als ob Trump es sich zum politischen Ziel gesetzt hätte, Deutschland zu schaden. Neben den offen zur Schau gestellten Sympathien für die US-Demokraten waren jedoch auch die verteidigungspolitischen Einlassungen Gößls bemerkenswert: Er forderte, die Rüstungsausgaben Deutschlands auf 3-4 Prozent des BIPs anzuheben – was mal eben einer Verdoppelung des Verteidigungshaushalts entsprechen würde. Hier sollte man dankbar sein, dass der IHK-Geschäftsführer kein politischer Entscheidungsträger ist, denn Deutschland braucht aktuell vor allem Investitionen in Infrastruktur, Bildung und wirtschaftliche Innovation – aber sicherlich kein erneutes steuerfinanziertes Wettrüsten. Gößl betonte abschließend, dass die USA der bedeutendste Absatzmarkt und Investitionsstandort der bayerischen Unternehmen sind; zumindest hier konnte man ihm zustimmen.
Gastredner Wolfgang Bosbach ging in seiner Rede auf die enge Verbundenheit Deutschlands mit den USA ein. Er verdeutlichte, dass unsere Wirtschaft in den klassischen Industriebereichen wie Maschinen- und Fahrzeugbau, Elektrotechnik oder Chemie nach wie vor führend sei. In der „neuen Welt“ der Digitaltechnologie und KI hingegen seien die USA unangefochten Weltmarktführer, Deutschland werde hier mittelfristig immer weiter ins Hintertreffen geraten. Bosbach skizzierte auch völlig zutreffend das Versagen der Bundesregierung bei der Beschaffung von wichtigen Rohstoffen. Weiterhin warnte er vor einer gesellschaftlichen Katastrophe, falls die Finanzierung des Sozialstaats zukünftig nicht mehr gewährleistet werden könne. Etwas übertrieben schien hingegen seine Warnung vor einem möglichen EU-Austritt Deutschlands. Bosbach wies auf den Gründungsgedanken der EU „Nie wieder Krieg!“ hin, und deutete damit unterschwellig an, dass ohne die Staatengemeinschaft wieder innereuropäische Konflikte drohen würden. Diese etwas populistische Darstellung entbehrt sicherlich jeder Grundlage und -nebenbei bemerkt- sieht es auch drei Jahre nach dem Austritt Großbritanniens nicht so aus, als würde man bald wieder gegeneinander zu Felde ziehen.
Neben den eher politischen Ausführungen der ersten Redner ging es im weiteren Verlauf der Veranstaltung mehr um wirtschaftspolitische Fakten. Susanne Gellert von der Auslandshandelskammer in den USA stellte den aktuellen deutsch-amerikanischen Business Outlook (GABO) vor. Die Ergebnisse dieser jährlichen Befragung von deutschen Unternehmen in den USA waren bemerkenswert: 99 Prozent der befragten Unternehmen erwarten derzeit keine Rezession der US-Wirtschaft. 90 Prozent gehen von steigenden Umsätzen aus. In der ersten Amtszeit Trumps gingen sogar erstmals seit Durchführung der Befragung 100 Prozent der deutschen Unternehmen in den USA von einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung des US-Geschäfts aus. Dieser Einschätzung schloss sich auch Dr. Alexander Börsch von der Unternehmensberatung Deloitte an. Er betonte, dass Trump den deutschen Unternehmen nicht geschadet habe. Wenn dem so ist, stellt sich die Frage, warum ausgerechnet die IHK als Wirtschaftsvertretung so viel Wert auf eine Distanzierung vom möglichen nächsten US-Präsidenten legt. Ich schlage hingegen vor, auch in Zukunft eng mit den USA zusammenzuarbeiten – und zwar unabhängig vom Wahlergebnis.